Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in aller Klarheit festgestellt, dass eine tarifvertragliche Regelung, die eine Zahlung von Überstundenzuschlägen an Teilzeitbeschäftigte nur für Arbeitsstunden vorsieht, die über die regelmäßige Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten hinaus geleistet werden, Teilzeitbeschäftigte benachteiligt (EuGH, Urteil vom 29. Juli 2024, Aktenzeichen C-184/22 und 185/22).

 

Der Fall

Der beklagte Arbeitgeber ist Anbieter von Heimdialyse. Die Klägerinnen sind als Pflegekräfte in Teilzeit mit einer Arbeitszeit von 40 Prozent beziehungsweise 80 Prozent der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft (38,5 Stunden) angestellt. Die Klägerinnen begehrten für geleistete Überstunden einen Zuschlag oder eine entsprechende Zeitgutschrift und erhoben Klage auf Erteilung einer den Zuschlägen entsprechenden Zeitgutschrift sowie auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Absatz 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Der Beklagte habe sie aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung gegenüber Vollzeitbeschäftigten schlechter behandelt, indem er ihnen für die Stunden, die sie über die in ihren Arbeitsverträgen vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet hatten, keine Überstundenzuschläge gezahlt und keine entsprechende Zeitgutschrift vorgenommen hat. Außerdem seien sie aufgrund ihres Geschlechts mittelbar diskriminiert worden, da im Unternehmen überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt sind. In den Instanzen entschieden die Gerichte, dass die Zeitgutschriften vorzunehmen seien, eine Entschädigungszahlung nach § 15 AGG wurde abgelehnt. Die Sache ging bis vor das Bundesarbeitsgericht (BAG), das das Verfahren auszusetzte und dem EuGH vorlegte.

 

Die Entscheidung

Das Gericht sieht in der Zahlung von Überstundenzuschlägen für Teilzeitbeschäftigte erst nach Erreichen der regulären Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten eine „schlechtere“ Behandlung. Teilzeitkräfte haben seltener die Möglichkeit, die für Überstundenzuschläge erforderliche Arbeitszeit zu erreichen, was eine ungleiche Behandlung darstellt. Diese ist nach Ansicht des Gerichts nicht gerechtfertigt, da sie einen gegenteiligen Effekt hat: Arbeitgebende könnten Teilzeitkräfte bevorzugt für Überstunden einsetzen, da sie kostengünstiger sind. Die ungleiche Behandlung von Teilzeitkräften hält Arbeitgebende nicht davon ab, diese zu Überstunden zu verpflichten. Auch werden Vollzeitbeschäftigte nicht schlechter gestellt, wenn Teilzeitbeschäftigte für jede Arbeitsstunde über ihre vertraglich vereinbarte Zeit hinaus einen Zuschlag erhalten würden, während Vollzeitbeschäftigte erst ab einer höheren Stundenanzahl einen Zuschlag bekommen. Der EuGH sieht darin keinen stichhaltigen Grund für eine Benachteiligung. Ferner kann von einer ungerechtfertigten Geschlechterdiskriminierung ausgegangen werden, die Frauen mehr benachteiligt als Männer, da Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten. Nun liegt es am BAG, eine endgültige Entscheidung zu treffen.

 

Das Fazit

Das Urteil steht im Zusammenhang mit einer EuGH-Entscheidung, die besagt, dass teilzeitbeschäftigte Pilotinnen und Piloten bei der Zahlung von tariflichen Mehrflugstundenvergütungen nicht schlechter behandelt werden dürfen als ihre vollzeitbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen. Dies ist ein erfreuliches Urteil, da es verhindert, dass Arbeitgebende Teilzeitkräfte gezielt zu günstigeren Konditionen einsetzen und „überplanen“ können.

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Sascha Faber

1985 geboren in Eschweiler. 2005 Zivildienst, 2007-2009 Ausbildung zum Rettungsassistenten. Seit 2009 Mitarbeiter der Uniklinik Aachen und seit 2012 in verschiedenen Funktionen (Ersatzmitglied, ordentliches Mitglied, freigestelltes Mitglied) im Personalrat der nichtwissenschaftlich Beschäftigten.
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